Die meisten kennen wahrscheinlich diesen Wahlspruch der drei Musketiere, die ja eigentlich vier waren. Warum er mir jetzt in den Sinn kommt, wo es doch um Kräfte geht? Nun, die Physiker unterscheiden vier Grundkräfte – die starke und die schwache Kraft sowie die elektromagnetische Kraft auf atomarer Ebene und die Gravitationskraft im Makrokosmos. Seit langem sucht man nach einem Erklärungsansatz, der alle vier Kräfte einschließt. Die Gravitationskraft will aber nicht so recht mitspielen. Vielleicht können wir mit unserer speziellen Sicht der Dinge weiterhelfen. Unser Ausgangspunkt sind die Gravitationskraft (Schwerkraft) sowie ihr Pendant, die Zentrifugalkraft (Fliehkraft). Sie wirken entgegengesetzt und sind doch beide für die Herausbildung und die Existenz der Strukturen unentbehrlich.
Werfen wir in diesem Zusammenhang einen kurzen Blick auf unser Sonnensystem. Die Sonne, die den größten Teil der Masse des Systems versammelt, hält mit ihrer Gravitationskraft die Planeten fest. Gleichzeitig rotiert sie um sich selbst. Diese Rotation verursacht die in der Struktur wirkende Zentrifugalkraft, die die Planeten im Verein mit der Gravitationskraft in Umlaufbahnen um die Sonne zwingt. Beide Kräfte haben in diesem System zu einem Gleichgewicht gefunden, das auf der einen Seite das Ganze zusammenhält und das auf der anderen Seite verhindert, dass die Planeten in die Sonne stürzen. Während im Zentralgestirn der größte Teil der Masse des Systems steckt, ist dessen Energie in den Bahnbewegungen der Planeten konzentriert.(1)
Unser Sonnensystem war für die Menschen lange Zeit die größte denkbare Struktur. Tatsächlich ist es jedoch nur ein Tropfen im Meer der Milchstraße, unserer Galaxis. Die Galaxis ist wahrscheinlich nach den gleichen Prinzipien wie unser Sonnensystem aufgebaut. Es gibt ein Zentralgestirn, das sich um sich selbst dreht. Von ihm werden alle Sternensysteme, die zur Galaxis gehören, zusammengehalten und in, wie auch immer geartete, Umlaufbahnen gezwungen. Je größer ein solches System ist, umso massereicher muss sein Mittelpunkt sein, damit die entstehende Schwerkraft einen ausreichend großen Raum abdeckt. Gleichzeitig muss diese Struktur, um das dynamische Gleichgewicht des Systems zu gewährleisten, Fliehkräfte in vergleichbarer Dimension entfalten. Damit ist das Spiel aber noch nicht zu Ende, denn auch unsere Galaxis ist Bestandteil von etwas Größerem. Wir wissen, dass es weitere Galaxen gibt. Es wäre zu vermuten, dass sie alle von den Kräften, die von einer Zentralstruktur ausgehen, im Bann gehalten werden und so das Universum bilden. Allerdings scheint bei der Entstehung des Universums etwas schief gegangen zu sein, denn es dehnt sich immerfort aus. Der mit dem Urknall gesetzte Impuls wirkt offensichtlich ungebremst fort. Das kann nur heißen, dass ein Gleichgewicht der Kräfte nicht zustande kam. Dieser „Unfall“ wird irgendwann die Auflösung des Universums zur Folge haben. Vielleicht ist dieser „Unfall“ aber gar kein solcher, sondern ein Zeichen dafür, dass dem Gigantismus der Strukturen natürliche Grenzen gesetzt sind.
Wenden wir uns an dieser Stelle ab von den Weiten des Universums und blicken noch einmal in den Mikrokosmos. Die Frage ist, ob im Mikrokosmos die gleichen Grundsätze für den Aufbau und die Bewegung der Strukturen gelten wie im Makrokosmos. Derartige Analogien standen zu Beginn der systematischen Erforschung des Atoms übrigens hoch im Kurs. Man erinnere sich nur an die ersten Atommodelle mit dem runden Kern in der Mitte und den Elektronenbällchen, die in festen Bahnen um diesen Kern kreisten. Es war wohl nicht zufällig, dass dieses Modell starke Ähnlichkeiten mit dem Modell unseres Sonnensystems aufwies. Die weiteren Forschungen stellten solche Vorstellungen allerdings mehr und mehr in Frage. Da sind zum Beispiel die Elektronen, die keine Teilchen im herkömmlichen Sinne sind. Die Geschwindigkeit, mit der sie den Kern umrunden, wird auch nicht in Jahren oder Tagen gemessen, sie geben vielmehr einen kaum vorstellbar schnellen Takt vor. Außerdem sind die verschiedenen Kernkräfte deutlich größer als es eine Gravitationskraft, berechnet in Relation zur Masse des Kerns, sein würde. Sind die Atome doch eine Welt für sich?
Die Unterschiede sind unbestreitbar, es gibt aber auch Gemeinsamkeiten. Genauso wie im Makrokosmos ist auch im Mikrokosmos die Masse im Zentralgestirn, hier im Atomkern, gebündelt, während sich die Bewegungsenergie in den Trabanten, hier in den Elektronen, konzentriert. Im Makrokosmos haben die Trabanten allerdings selbst Masse. Zudem sind sie häufig Mittelpunkt einer eigenen Struktur, wie jene Planeten, die einerseits eine Sonne umkreisen und andererseits selbst von Monden umrundet werden. Die Trabanten des Atomkerns, die Elektronen stellen hingegen pure Energie dar. Weder bestehen sie aus Bausteinen, noch sind sie selbst Mittelpunkt, um den andere kreisen. Trotzdem, müssen auch im Mikrokosmos die Strukturen irgendwie zusammengehalten werden. Darüber hinaus muss die Verklumpung, die jede Bewegung unmöglich machen würde, verhindert werden.
Die zwischen den Elektronen und dem Atomkern wirkenden Anziehungskräfte werden von den Physikern als elektromagnetische Kräfte bezeichnet. Sie werden von den unterschiedlichen Ladungen der Protonen und Elektronen hergeleitet. Nur was sind „Ladungen“ überhaupt? Welcher Eigenschaft der Strukturen sollen wir „Ladungen“ zuordnen? Das vorherrschende Charakteristikum des Kerns ist es, Masse zu sein; das dominierende Charakteristikum des Elektrons ist es, Energie zu verkörpern. Nur das Zusammenwirken beider Komponenten ermöglicht die Entstehung eines Atoms. Mehr noch, beide müssen sich auch in einem gewissen Gleichgewicht befinden, damit die Struktur, hier das Atom, dauerhaft existieren kann. Hat eine Struktur ein Manko hinsichtlich des energetischen Moments und eine andere einen Überschuss, dann könnten diese Strukturen zusammenkommen, denn miteinander würden sie ihr Problem lösen. Haben beide einen energetischen Überschuss oder beide ein energetisches Manko, dann können sie nichts füreinander tun. Sie stoßen sich ab. Aber, wie hängt das Ganze mit den Kräften und der Wirkungsrichtung der Kräfte zusammen? Ein Überschuss an Energie bedeutet, dass die nach außen weisenden Kraftwirkungen überwiegen. Ein Energiemanko hat zur Folge, dass die Anziehungskräfte, also die nach innen weisenden Kraftwirkungen dominieren. In beiden Fällen ist die Stabilität der Struktur gefährdet. Haben nun zwei Strukturen entgegengesetzte Überschusskräfte, dann wirken diese in die gleiche Richtung. Die potentiellen Partner ziehen sich magisch an. Haben sie dagegen gleichgerichtete Überschusskräfte, dann wirken diese gegeneinander. Diese Strukturen können nicht zueinander finden.
Damit hätten wir zwar eine Erklärung, warum sich einige Teilchen im atomaren Bereich anziehen und sich andere abstoßend finden, aber die Frage, woher sie die Kraft für den Annäherung– oder Abstoßungsprozess nehmen, ist noch offen. Wir wissen, dass der Atomkern einen Spin aufweist, aus dem Fliehkräfte erwachsen. Dass die Elektronen trotz der wirkenden Fliehkräfte den Atomverbund nicht verlassen, ist den ebenfalls vom Atomkern ausgehenden Anziehungskräften geschuldet. Soweit so gut. Doch, wo kommen die Anziehungskräfte her? Die Antwort muss im Atomkern, in den Protonen und Neutronen, zu finden sein. Nach dem Standardmodell der Teilchenphysik bestehen Neutronen aus jeweils zwei down- und einem up-Quark, Protonen umgekehrt aus einem down- und zwei up-Quarks. Freie, das heißt nicht in einem Atomkern gebundene, Neutronen zerfallen. Beim ß-Zerfall eines Neutrons wird ein down-Quark in ein up-Quark umgewandelt. Es entsteht ein Proton. Dabei werden ein Elektron und ein Anti-Neutrino, das heißt Energie, freigesetzt. Die Energie des Neutrinos ist darüber hinaus durch eine der Hauptrichtung entgegengesetzte Bewegung gekennzeichnet. Im Unterschied zum zerfallenden Neutron ist das entstehende Proton stabil. Diese Stabilität wird offensichtlich durch seine im Vergleich zum Neutron andersartige energetische Zusammensetzung bewirkt. Dann ist da noch der Umstand, dass das Neutron im Gegensatz zum Proton keine „Ladung“ besitzt. Von ihm geht also keine Wirkung nach außen aus. Demnach können es nur die Protonen sein, die den Kern beziehungsweise das Atom zusammenhalten.
Aber, warum ist das Neutron instabil und vom Proton geht Zusammenhalt aus? Beide, Protonen und Neutronen, bestehen aus jeweils zwei Arten von Quarks. Quarks wiederum besitzen selbst keine Strukturelemente. Sie sind Energie pur. Energie ist Bewegung. Die Frage ist also, welche Bewegung kennzeichnet die Quarks? Die Bewegung der Quarks wird als Spin beschrieben, also als eine Drehung um sich selbst. Eine Drehung generiert Fliehkräfte. Von der Bewegung der Quarks muss jedoch noch eine zweite Wirkung, eine Anziehungskraft, ausgehen. Folglich kann die Bewegung der Quarks mit einer Drehung um sich selbst nicht ausreichend beschrieben sein. Es muss zu dieser „äußeren“ noch eine zweite, eine „innere“ Bewegung hinzukommen. Nehmen wir an, diese zweite Bewegung sei eine Verwirbelung. Die Verwirbelung von Energie kann einen Sog erzeugen. In unserem Fall hält dieser Sog die sich verwirbelnde Energie zusammen, so dass die Quarks eine Form erhalten. Die Form ist wiederum Voraussetzung dafür, dass eine Drehung des Gebildes um sich selbst möglich wird.
Sowohl das Proton als auch das Neutron bestehen aus drei Quarks. Beide Teilchen müssen wieder durch zwei Bewegungsdimensionen charakterisiert sein. Zum einen verwirbelt sich die Energie in ihrem Innern und erzeugt auf diese Weise einen Sog, zum anderen überträgt sich der Spin der Quarks auf das jeweilige Teilchen als Ganzes. Sind die auf diese Weise entstehenden Kräfte im Gleichgewicht, dann ist der stabile Bestand des Teilchens gesichert. Im Neutron scheinen die auseinandertreibenden Kräfte jedoch geringfügig größer zu sein, wodurch sich der ß-Zerfall erklären würde. In den Protonen sind offensichtlich die Sogkräfte größer, so dass sie nicht nur den Kern formen, sondern auch Elektronen in ihren Bann ziehen. Da die Kraft des Sogs, der vom Kern ausgeht, mit der Anzahl der Protonen wächst, können größere Atomkerne mehr Elektronen binden. Diese Elektronen sind gleichzeitig für die Herstellung des energetischen Gleichgewichts im Atom erforderlich.
Die Existenzgrundlagen der Strukturen, ein massereicher Mittelpunkt und dynamische Trabanten, die durch Anziehungs- und Fliehkräfte zusammen und in Bewegung gehalten werden, sind im Mikrokosmos also keine anderen als im Makrokosmos. Es bleibt die Frage, woraus die anziehenden Kräfte im Makrokosmos, das heißt die Gravitationskräfte der Gestirne, resultieren. Sie müssten, einen vergleichbaren Aufbau unterstellt, ebenfalls durch die Verwirbelung von Energie im Inneren entstehen. Und tatsächlich, ein gemeinsames Merkmal der Gestirne besteht darin, dass es in ihrem Inneren vor Energie nur so brodelt. Je größer die Energiemengen sind, die sich da verwirbeln, umso größer kann auch die daraus erwachsende Sogwirkung respektive Gravitationskraft werden. Da die Energie im Innern der Gestirne an Strukturen gebunden ist, ist eine größere Energie auch mit einer größeren Masse verbunden. Insofern hat die Gravitationskraft einen Bezug zur Masse des Gestirns. Es bedeutet aber auch, dass von Himmelskörpern, die im Inneren erloschen sind, keine Gravitationskraft ausgehen kann. Sie können auch keine Rotation aufweisen, denn diese hätte die jeweilige Struktur, ohne den Gegenpol der Gravitation, längst auseinandergesprengt.
Da die Entstehung der Gravitationskraft von der Energie im Innern der Struktur abhängig ist, kann die Masse jedoch nicht ihre unmittelbare Bezugsgröße sein. Außerdem haben wir noch nicht geklärt, warum die Anziehungskräfte im atomaren Bereich deutlich größer sind, als es der Bezug zur Masse erwarten ließe. Gar nicht zu reden davon, dass das Proton und das Neutron, die eine vergleichbare Masse besitzen, ganz unterschiedliche Kräfte entfalten. Das heißt, die Anziehungskraft einer Struktur, kann auch nicht nur von der Energiemenge, die sich in ihrem Innern verwirbelt, abhängen. Ein weiterer determinierender Faktor muss hinzukommen. Dieser weitere Faktor kann nur die Art und Weise, wie sich die Energie im Innern der Struktur verwirbelt, sein.
1) Kristen Rohlfs, Die Ordnung des Universums. Birkhäuser Verlag Basel 1992
zuletzt geändert: 05.07.2019