Bei den alten Griechen gab es, wie wir wissen, die Meinung, dass es vier Elemente wären, aus denen alles Sein dieser Welt aufgebaut sei – Erde, Wasser, Luft und Feuer. Zu den ersten drei dieser Elemente könnte sicher jeder sofort einen kleinen Vortrag halten. Aber, wie ist das mit dem Feuer? Was ist Feuer eigentlich?
Feuer ist, wenn ´s brennt. Diese Einsicht ist so fundamental wie nichtssagend. Schon, wenn man bestimmen will, was denn „brennen“ eigentlich bedeutet, wird es heikel. Für unsere Zwecke reicht eine vereinfachte Definition aus, die die Verbrennung als Oxydation, das heißt, als Reaktion eines Stoffes mit Sauerstoff beschreibt, deren besonderes Merkmal die Flammenbildung ist. Für die Flammenbildung muss der zu verbrennende Stoff gasförmig sein, damit er mit dem Sauerstoff der Luft reagieren kann. Bei dieser Reaktion werden Wärme und Licht frei. Letzteres nehmen wir als Flamme wahr. Viele Stoffe, die verbrannt werden sollen, sind aber nicht gasförmig und trotzdem brennen sie. Wie das? Indem wir sie gasförmig werden lassen. Dazu muss man ihnen Energie zuführen. Man kann zum Beispiel ein Feuerzeug nehmen und ein bisschen an der Zeitung zündeln. Durch die Energie, die von der Flamme des Feuerzeugs ausgeht, werden Moleküle des Papiers angeregt. Sie bewegen sich heftiger und einige von ihnen werden die Struktur des Papiers als Gas verlassen. Das Gas reagiert nun mit dem Sauerstoff der Luft und schon haben wir die Bescherung, es brennt. Und wenn es an einer Stelle brennt, dann wird durch den Brand soviel Energie freigesetzt, dass andere Dinge in der Nähe entflammen können. Dabei stellt sich heraus, dass einige Stoffe besser brennen als andere. Die Gründe dafür sind vor allem in der unterschiedlichen Stabilität der jeweiligen atomaren Strukturen zu suchen. Je stabiler diese Struktur ist, umso mehr Energie muss aufgewandt werden, um Moleküle aus deren Verbund zu lösen. Daneben können auch andere Faktoren eine Rolle spielen. Es könnte zum Beispiel sein, dass der Stoff Feuchtigkeit enthält, die das Entflammen verhindert. Trockenes Holz brennt lichterloh, feuchtes qualmt eher, denn für die Verdunstung des gespeicherten Wassers wird viel Energie verbraucht. Wie dem auch sei, faszinierend sind Flammen allemal, solange sie uns nicht zu nahe kommen, denn auch Haut, Haare, Fleisch und Fett brennen, recht gut sogar.
Bei der Verbrennung reagieren die Stoffe mit dem Sauerstoff der Luft, der dabei verbraucht wird. Gleichzeitig werden die bei der Verbrennung entstehenden Gase aufgeheizt, wodurch sich ihr Volumen schlagartig vergrößert. Die Verbrennungsgase sind nun leichter als Luft und entweichen nach oben. Dabei erzeugen sie einen Sog, der frischen Sauerstoff an die Feuerstelle heranführt, so dass das Feuer lustig weiterprasseln kann. Gelingt es, die Zufuhr von frischem Sauerstoff zu unterbinden, dann wird die Flamme erstickt, das Feuer erlischt. Es gibt auch andere Wege, einen Brand zu bekämpfen. Wird zum Beispiel alles Brennbare aus der Nähe der Flamme entfernt, dann findet sie keine Nahrung mehr, die Kettenreaktion des Verbrennens wird unterbrochen. Schließlich kann man auch die Stoffe in der Umgebung der Flamme kühlen, ihnen Wärme entziehen, so dass keine weiteren Verbrennungsgase entstehen. Auf diese Weise wird die Flamme „erfrieren“.
Nun ist das Feuer also wieder gelöscht. Aber wo kam die Energie her, die bei der Verbrennung in Form von heißlodernden Flammen entstand?
Gehen wir das Ganze noch einmal durch. Wir wollen ein Feuerchen machen und nehmen Holz dazu. Damit das Holz anfängt zu brennen, brauchen wir eine Zündflamme, jedenfalls brauchen wir Energie. Man könnte zwar auch Reibungswärme erzeugen und hoffen, dass irgendwann ein Funke überspringt und ein Flämmchen entsteht, das wäre jedoch aufwendig und wenig verlässlich. Wir bleiben lieber beim Feuerzeug. Die Flamme des Feuerzeugs besteht aus Licht und Wärme. Licht und Wärme sind zwei verschiedene Wahrnehmungen von Energie. Energie wiederum ist Ausdruck von Bewegung, hier der Bewegung von Molekülen und Atomen. Die Energie in Form der Zündflamme führt man nun dem Holz zu. Dort regt sie die Atome und Moleküle des Holzes an, deren Bewegungen sich verstärken, bis sie, erst vereinzelt dann immer öfter, die Struktur des Holzes verlassen und als Gas in die Luft entkommen. Aber so einfach entkommen sie nicht. Denn da ist der Sauerstoff, der nur darauf wartet, sich mit dem Kohlenstoff des Holzes zusammenzutun. Bei diesem Zusammenschluss werden Elektronen, mithin Energie freigesetzt, und dies in beträchtlichem Umfang.
Wie aber kam die „Energie“ in das Holz? Hauptenergielieferant der Erde mit allem, was auf ihr existiert, ist die Sonne. Pflanzen sind in der Lage, die Sonnenenergie einzufangen und in körpereigenen Stoffen zu speichern. Dazu wird Wasser mit Hilfe der Sonnenenergie in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Der Sauerstoff wird an die Luft abgegeben, während sich der Wasserstoff mit dem Kohlendioxid der Luft derart verbindet, dass Zuckermoleküle entstehen. Sie sind die Energiespeicher, die die Pflanze zum Überleben braucht. Darüber hinaus sind sie Grundlage für die Bildung der Baumaterialien, die das Wachstum der Pflanze ermöglichen. Kohlenstoff hat nämlich die Besonderheit, dass er wegen seiner atomaren Struktur vielfältige Verbindungen mit anderen Stoffen eingehen kann. Außerdem ist er imstande, stabile Verbindungen mit sich selbst zu generieren, so dass er zum idealen Baustoff wird. Das gilt natürlich auch für den Baum, dessen Holz wir verbrennen wollen. Das heißt, der Baum brauchte den Kohlenstoff der Luft sowie die Energie der Sonne, um zu wachsen. Bei der Verbrennung des Holzes verbindet sich dieser Kohlenstoff nun mit dem Sauerstoff der Luft unter Freisetzung von Elektronen. Diese frei werdende Energie nehmen wir als heißlodernde Flammen wahr.
Bei aller Magie des Feuers, sollten wir aber nicht vergessen, dass der Baum das Holz nicht zu unserem Vergnügen gebildet hat. Es ist der Stoff, der ihm durch seine Stabilität ermöglicht, in die Höhe zu wachsen, dem Licht entgegen. Das Licht wiederum ist die Energie, die er für sein Überleben braucht. Da die Sonne nicht immer scheint, bildet er Energiedepots, die im Falle eines Mangels aufgelöst und in Energie rückverwandelt werden können. Steht eine längere Mangelperiode an, so muss der Baum seine eigenen Lebensprozesse zurückfahren, damit die Depots zum überwintern reichen. Laubbäume werfen zu diesem Zweck ihre Blätter ab, andere Pflanzen verfeuern alles, was sie haben, und gehen schließlich ein, darauf vertrauend, dass ihr Samen überwintern wird. Die Fähigkeit der Pflanzen, Sonnenenergie zu speichern, war auch die Voraussetzung für die Entstehung von Tieren, denn Tiere beziehen die Energie zum Leben aus Pflanzen. Da die Pflanzen nicht zu ihnen kommen, mussten sie die Fähigkeit entwickeln, fressbare Pflanzen zu suchen, das heißt, die Umwelt wahrzunehmen und sich in ihr zu bewegen. Außerdem brauchten sie die Fähigkeit, pflanzliche Stoffe derart umzuwandeln, dass die in ihnen steckende Energie für sie nutzbar wurde. Man könnte einwenden, dass es auch Tierarten gibt, die sich von anderen Tieren ernähren. Das ist richtig, ändert aber rein gar nichts am genannten Prinzip, denn am Ende der Nahrungskette stehen in jedem Fall Tiere, die Pflanzen fressen. Ohne Pflanzen keine Tiere.
Tiere haben im übrigen ein ähnliches Problem, wie wir es bereits von den Pflanzen kennen, sie können keinen gleichmäßigen Energienachschub von außen sichern. Hinzu kommt, dass Phasen erhöhten Energieverbrauchs, zum Beispiel die Jagd oder eine Flucht, nicht mit den Phasen der Energiezufuhr von außen, dem Fressen also, zusammenfallen. Um trotzdem für alle Eventualitäten gewappnet zu sein, brauchen auch Tiere Energiedepots. Dazu wird die Nahrung, die nicht sofort verfeuert wird, in körpereigene Stoffe mit hoher Energiedichte umgewandelt. Diese Stoffe können im Bedarfsfall verbrannt werden, so dass jederzeit genügend Energie zur Verfügung steht. Bei der Mobilisierung von Energiereserven werden jedoch nicht nur überschüssige Depots angegriffen, sondern in manchen Fällen auch ein Teil der eigentlich unverzichtbaren Substanz. Nicht zuletzt deswegen ist die Lebenserwartung von Spezies, die über wenig Substanz im Vergleich zur Höhe des Energieumsatzes verfügen, gering.
Ohne Sonnenlicht, ohne Pflanzen und ohne Verbrennungsprozesse gäbe es also keine Tiere, und damit auch keine Menschen. Verbrennungsprozesse sind die Grundlage unseres Lebens, auch wenn sie nicht immer durch hell lodernde Flammen sichtbar sind. Sie spielten aber auch als offenes Feuer eine besondere Rolle bei der Menschwerdung. Feuer diente unseren Vorfahren als Wärmequelle, als Waffe gegen allzu aufdringliche Raubtiere und vor allem als Werkzeug, um Nahrung zuzubereiten, die dadurch bekömmlicher und haltbarer wurde. Ohne die Beherrschung des Feuers, dieses Widerscheins des Sonnenlichts, wäre unsere Spezies wohl nicht zum modernen Menschen geworden.
Bild: mormo.de
zuletzt geändert: 29.05.2019